Vor dem Hintergrund, dass viele der damaligen Gastarbeiter, die nach Singen kamen, nun auch hier alt und zum Teil pflegebedürftig werden, startete vor kurzem auf Initiative des Seniorenbüros ein Projekt, das diesen Menschen und ihren Familien den Zugang zu Pflege- und Betreuungsleistungen erleichtern möchte.
In Zusammenarbeit mit dem Referat Integration sowie verschiedenen Akteuren im ambulanten und stationären Pflegebereich unter Mitwirkung der muslimischen Gemeinde sollen Brücken gebaut werden, um kulturelle Unterschiede und sprachliche Hürden zu überwinden. Das erfordert nicht nur Aufklärungsarbeit zu Leistungen der Pflegekassen und welche Ansprüche im Pflegefall bestehen, sondern auch ein tiefgehendes Verständnis unterschiedlicher Pflegepraktiken, die besonders im muslimischen Glauben zum Tragen kommen. Das Projekt sieht deshalb auch Schulungen für Pflegekräfte vor.
Eine erste Schulung hat im Michael-Herler-Heim stattgefunden. In Anlehnung an die bereits erfolgreiche Arbeit in Friedrichshafen hatte Heimleiter Mathias Frank zu einem Vortrag über die Grundsätze des Islam eingeladen. Matthias Brugger vom Diakonischen Institut für Pflegeberufe und Ümit Gökhan vom türkischen Arbeiterverein in Friedrichshafen erklärten den rund 30 Zuhörern auf verständliche Weise die Hintergründe des Islam und was es in pflegerischer Hinsicht zu beachten gilt.
Begründungen zu bestimmten Gewohnheiten, wie ausgedehnte Krankenbesuche oder Bestattungsrituale, führten zu einem besseren Verständnis. Auch die Frage nach dem richtigen Umgang mit einem Kopftuch oder Begrüßungsgewohnheiten bei nicht gleichgeschlechtlichen Pflegepersonen beschäftigte die Zuhörer. Wünschenswert sei es, dass Themen der kultursensiblen Pflege bereits in der Ausbildung von Pflegekräften berücksichtigt würden.
Das Projekt „Kultur- und religionssensible Pflege“ wird gefördert durch das Bundesprogramm „Demokratie leben!“ des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend und unterstützt von der Singener Kriminalprävention.