Sowohl Mitarbeiter als auch Bewohner, Angehörige, Nachbarn und Freunde des Hauses waren von Anfang an von der Idee begeistert und steuerten die zauberhaftesten Dinge bei. Eine ältere Dame fragte uns sogar augenzwinkernd, wo sie denn ihren Mann abgeben könne. Natürlich nahm sie ihn schließlich wieder mit nach Hause.
Das Motto des Umsonstladens ist so einfach wie wunderbar: Auf dieser Welt ist für alle genug da – nur haben wir ein Verteilungsproblem. Dabei geht es jedoch nicht nur um Konsumkritik. Es geht grundsätzlich darum, anstelle des Verkaufs etwas zu verschenken. Das kann auch ein Lächeln sein oder das Zuhören, ohne zu bewerten, oder sogar das Leben selbst. So lässt sich die Grundidee letztendlich überall umsetzen, z. B. lässt jemand ein ausgelesenes Buch für einen neuen Leser im Zugabteil liegen, oder man stellt seine leeren Pfandflaschen neben den Abfallkorb, um dem Flaschensammler die Suche zu erleichtern.
Im Michael-Herler-Heim geht es konkret darum, gut erhaltene, saubere, funktionstüchtige und leicht zu transportierende Sachen auf dem alten Marktwagen am Eingang abzulegen. Die letzten Wochen haben gezeigt, wie gut das funktioniert und wie gerne unser Umsonstladen angenommen und »gelebt« wird. So waren z. B. einige Buchklassiker wie »Albert Schweizer« oder »Die Leber wächst mit ihren Aufgaben« kurze Zeit nach dem Ablegen vergriffen und auch Decken, Vasen aus dem fernen Neuseeland sowie eine Hundehaarbürste fanden direkt neue Besitzer. Erst kürzlich fand eine Physiotherapeutin ein Paar neuwertige Lederschuhe, die einer ihrer Patientinnen wie angegossen passten.
Zurzeit wird der Umsonstladen »Sinnflut»« nebenbei betrieben und es macht riesigen Spaß. Vielleicht können wir schon in Kürze ehrenamtliche Hilfe bei der Betreuung des Marktstandes benötigen. Eines ist jedoch schon jetzt klar: Der riesige Erfolg zeigt uns, wie gut dieses Konzept angenommen und umgesetzt wird. Das lässt uns schon mögliche nächste Schritte und Weiterentwicklungen des »Umsonstgedankens « im Kopf entstehen. So wird es vielleicht in Zukunft eine Internetseite geben, auf der nützliche Dienstleistungen verschenkt werden – z. B. zwei Haarschnitte vom Friseur, eine Laubkehr- oder Winterdienststunde, ein Spaziergang oder oder oder. An Ideen mangelt es sicher nicht. Denn unserer Meinung nach muss sich niemand eine Bohrmaschine kaufen, nur weil er ein paar Mal im Jahr einige Löcher bohren möchte. Hierfür gibt es dann vielleicht künftig einen Umsonst-Verleih. Und wer weiß – möglicherweise steht in Singen sogar irgendwann einmal ein ganzer Umsonst-Supermarkt? Sie sehen, der Kreativität zur Realisierung des Mottos »Schenken statt verkaufen« sind keine Grenzen gesetzt.